Das neue Schulgesetz - ein Fahrplan in
die nackte Ganztagsschule |
Im Lengericher Gempt-Bistro diskutierten auf einer schulpolitischen Veranstaltung von Bündnis 90/Die Grünen (v.l.n.r.): Johannes Beck, grüner Ortsverbandssprecher, Sigrid Beer, schulpolitische Sprecherin und Landtagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen, Lothar Kurz vom GEW-Kreisvorstand Steinfurt und Anne Engelhardt, grüne Kreisvorstandssprecherin. |
Dass es auch in Deutschland Schulen gäbe, die ebenso mit Leistung, Schulklima, Unterrichtsqualität und Vielfalt hervorragen, zeige die Verleihung des Deutschen Schulpreises 2006. Mit einem 83-prozentigen Anteil von Migrantenkindern hat die Grundschule Kleine Kielstraße aus Dortmund den ersten Preis erhalten. Die fünf weiteren Preisträger waren alle integrierte Gesamtschulen. Hieraus ließe sich ableiten, dass das lange gemeinsame Ganztagslernen verbunden mit einer professionellen Zusammenarbeit im Kollegium, mit Eltern und Kindern die Leistungen und das Schulklima verbessern.
Aber das neue Schulgesetz hielte konzeptionell an dem frühen begabungsorientierten Sortieren fest, schotte immer mehr das Gymnasium ab und ließe Schulen und Kommunen mit einer "nackten Ganztagsschul-Realität" alleine, führte Frau Beer weiter aus.
Lothar Kurz, Vorstandsmitglied der GEW Steinfurt und Lehrer am Emsland-Gymnasium Rheine, unterstützte diese Kritik an der Abschottung des Gymnasium durch das neue Schulgesetz: "Wir können uns besonders auf dem Hintergrund des demografischen Wandels eine solche Auslese nicht mehr leisten." Außerdem verwies er auf die Arbeitsbedingungen der Lehrerinnen und Lehrer. Alles Neue aus Düsseldorf würde mittlerweile sehr kritisch betrachtet, denn dauernd würden neue zusätzliche Verordnungen und Aufgaben von oben nach unten verteilt ohne diese sorgfältig vorzubereiten - weder personell, finanziell noch konzeptionell. Das Land schaffe neue Strukturen wie die Verkürzung der Sekundarstufe I, aber es gäbe noch keine Lehrbücher und auch keine Prüfungsordnung, an der sich der Unterricht orientieren könne.
Aus dem Kreis der anwesenden Gymnasiallehrer wurde darauf hingewiesen, dass einzelne Schulen, trotz eines kritikwürdigen Schulsystems, schon in der Lage seien, schülerorientierte Ideen mit entsprechendem Engagement umzusetzen. Allerdings erwiesen sich die Änderungen im Schulgesetz dabei nicht als förderlich.
Auf die Frage von Ulrich Weiß, grüner Fraktionssprecher, was die Politiker vor Ort tun können, antwortete Sigrid Beer: "Aufgrund der Verringerung der Schülerzahlen würden Personal, Räume und Finanzen frei. Diese müssen sowohl von den Kommunen als auch vom Land wieder in die Steigerung der Qualität von Schulen investiert werden." Außerdem sollten Schulen gemeinsam mit den Kommunalpolitikern pädagogische und organisatorische Schulverbünde als Ganztagsschulen vor Ort installieren. Dadurch würde der Druck auf die Landesregierung erhöht, endlich konzeptionell und finanziell integrierte Ganztagsgesamtschulen Schritt für Schritt einzuführen. Ein zukunftsfähiges Schulsystem komme an dem Ganztagsunterricht und dem Zusammenwachsen der verschiedenen Schulen nicht vorbei.
In dem Schlusswort wies Anne Engelhardt, grüne Kreisvorstandsprecherin, auf die notwendige Kooperation aller Beteiligten und Verantwortlichen vor Ort hin, um eine zukunftsfähige und leistungsstarke Schullandschaft in Lengerich zu gestalten.