Gedichte von Goethe bis heute
(GEW-Herbst-Kulturveranstaltung 2018)

Unter diesem Titel hatte der GEW-Kreisverband Steinfurt zur diesjährigen Herbst-Kulturveranstaltung nach Greven eingeladen. Eine derartige Formulierung mag zuerst an die Volksbildungswerk-Programme der späten fünfziger Jahre erinnern. Kann man wirklich mit der Rezitation von Gedichten einen ganzen Abend füllen?

Oliver Steller, aus Bonn stammender Rezitator, Sänger und Komponist, konnte es. Er begleitete sich selbst dabei vielfach auf der Gitarre; die weitere musikalische Gestaltung lag in den Händen von Volker Heinze (Kontrabass) und Bernd Winterschladen (Saxophon), die beide ihren eigenen unverwechselbaren Groove einbrachten.

Von links nach rechts: Bernd Winterschladen, Oliver Steller und Volker Heinze

Unter den dargebotenen Gedichten waren einige, die den meisten Anwesenden aus der eigenen Schulzeit bekannt waren (etwa Theodor Fontanes Herr von Ribbeck zu Ribbeck im Havelland) und deshalb von ihnen konrezitiert werden konnten, aber auch Werke weniger bekannter Poetinnen, so etwa der aus Galizien stammenden Mascha Kaléko (Vom Vogel Pihi).

Der humoristische Anteil blieb nicht unerheblich. Texte von Wilhelm Busch, Christian Morgenstern und Joachim Ringelnatz machten es möglich, dass Steller sein Talent als Pantomime voll ausleben konnte. Gedichte mehrerer Vertreter der Neuen Frankfurter Schule sorgten aber auch dafür, dass der titanische Tiefgang nicht zu kurz kam.

Was hat uns Johann Wolfgang von Goethe heute noch zu sagen? Die Ballade vom Zauberlehrling kam zunächst in bekannter Polterigkeit daher. Doch dann mochte man sich fragen, ob die Verselbstständigung des wasserschleppenden Besens gegenüber dem vorwitzigen Zauberlehrling nicht das vorwegnimmt, was morgen fehlerhaft programmierte KI-Roboter mit ihren Konstrukteuren anstellen könnten. Wer wird dann der „Meister“ sein, der alle Probleme löst?

Das Publikum war begeistert von der Doppelstunde Nachhilfe in Sachen Lyrik, die ganz ohne OHP und Whiteboard auskam, nicht jedoch ohne ungeheuere Portionen an poetischem Herzblut und kongenialer Musikalität, und die mit ihrer Begeisterungsfähigkeit ansteckte.
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