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Die "Tree Mountain Stringband" wurde erst nach drei Zugaben entlassen - Country-Music begeisterte beim GEW-Grünkohlessen 2020 |
Zum jährlichen Grünkohlessen trafen sich am
Freitag nach Aschermittwoch wieder einmal Mitglieder und Freunde
der GEW in der Waldgaststätte Hilgemann in Lengerich-Ringel. Für
den musikalischen Genuss war an diesem Abend die Tree Mountain
Stringband zuständig.
Die Mitglieder der Tree Mountain Stringband sind in und um
Billerbeck zu Hause und schwärmen für die Musik der
amerikanischen Appalachen.
Nur auf den ersten Blick mochte es so scheinen,
als sei diese Formation jenseits des großen Teiches beheimatet.
Tatsächlich wohnen und wirken die Mitglieder des Instrumental- und
Vokalquartetts aber in Billerbeck oder seiner näheren Umgebung.
„Tree Mountain“ muss also mit „Baumberge“ übersetzt werden.
Die amerikanisch-sprachige Namensform hat ihre
Ursache in der gemeinsamen Begeisterung der Vier für die in den
Appalachen vorfindliche String-, Swing- und Bluesüberlieferung. In
ganz besonderer Weise hat es ihnen die im US-Staat Kentucky
beheimatete Bluegrass-Musik angetan.
In der Folge der vorgetragenen Musiknummern kam
Missisippi-Romantik zum Tragen, präsentiert wurde aber auch ein
Stück wie Chuck Berrys „Thirteen Questions Method“, das nicht nur
den Alltagshedonismus des kleinen Mannes beflügeln könnte, sondern
in unseren Zeiten durchaus einen Credit-Point im Studiengang
Eventmanagement verdient hätte.
Etwas schriller wirkte vielleicht Uncle Dave Macons „Railroading
and Gambling“, das sprachlich mit dem Schulenglisch, das den
meisten von uns zur Verfügung steht, nicht wirklich erschlossen
werden kann, seinen tieferen Sinn dafür eher in der virtuosen
Spielweise auf dem Banjo fand.
Die USA als das Mutterland des
Massenautomobilismus wurde mit „My Old Chevy
Van“ der Carper-Family ins rechte Licht gerückt. Man
beachte: damals
entsprach die Liebe zu einem Auto der political correctness, auch
wenn dessen Nummernschild nicht mit einem E endete.
Die Band konnte auch ernsthafter: Der frühe
Song “Working on the railroad for a dollar a day” verweist auf die
Situation der Eisenbahnarbeiter in den Appalachen in der zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts. Parallelen zu Westfalen im späten 20.
Jahrhundert wurden sichtbar, als der Wegfall der Zahltage im
Steinkohlenbergbau thematisiert wurde („Payday at Coal Creek“).
Die Band konnte auch süßlich: „You are my sunshine“,
wie wir es von Rosemary Clooney kennen, rührte die Herzen aller
Anwesenden.
Durchaus stilgerecht war der Ausflug ins
Gospel-Milieu mit „Jesus on the Mainline“ und „Over my head
there is music in the air“.
Prägend für das Musikerlebnis des Abends war
nicht nur die Auswahl der Werke, sondern auch die Verwendung der
verschiedenen Instrumente. Neben alten Bekannten wie der Gitarre
und dem gezupften Kontrabass kamen einige hierzulande weniger
verbreitete Klangerzeuger zum Einsatz: die Fiddle, die eigentlich
eine Geige ist, aber ganz anders als in den Musikschulen des
Westmünsterlandes gespielt wird, das fünfsaitige Banjo, die
zierliche Bluegrass-Mandoline und schließlich verschiedene
Exemplare der Resonatorgitarre, die auch ohne elektronische
Verstärkung einen raumfüllenden Klang entfalteten.
Das Publikum war begeistert und entließ das
Quartett erst nach drei Zugaben auf seinen Heimweg in die
Baumberge.
Bleibt schließlich die Frage, welche Bedeutung an diesem Abend denn der Grünkohl gehabt habe. Den anwesenden GEW-Mitgliedern und -Freunden war der schmackhafte und nahrhafte Charakter dieses westfälischen Volksgemüses seit Jahren bekannt. Die Musikergruppe dagegen kam nach eigenem Bekunden in Ringel erstmals richtig auf den Geschmack. Sie kündigte an, den Grünkohl bei ihrem nächsten Kochtreff in den Mittelpunkt zu rücken. So ergänzten sich kulinarischer und kultureller Genuss aufs Glücklichste. Eine echte Win-Win-Situation!